Da die private Unterbringung von Soldaten angesichts ihrer wachsenden Zahl zunehmend unzumutbar geworden war, entschloss man sich nach bayrischem und französischem Vorbild auch in Österreich zum Kasernenbau.
Die Leopoldstädter Cavallerie-Kaserne wurde von 1721 bis 1723 erbaut und am 1. August 1723 erstmals bezogen. Das Grundstück war mit Ausnahme zweier privater Küchengärten ärarisch. Die Gärten wurden den EigentümerInnen, Joseph Zigeuner und der Witwe des Dominik Forti, abgelöst.
Mit Planung und Bau beauftragt wurden der Maurermeister Christian Alexander Oedtl sowie Architekt Jakob Prantauer. Der Unterschied zwischen den Grundriss-Originalplänen und der tatsächlichen Ausführung legt die Vermutung nahe, dass Baumeister und Architekt eine Art Kasernen-Typus entwickelt haben, der jeweils an die konkrete Nutzung und das Grundstück angepasst wurde.
Die Kaserne wurde von den niederösterreichischen Ständen finanziert und dem Habsburgerstaat unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Sie war eine von insgesamt vier Kasernen, die damals zusammen geplant und in Stockerau, Krems und Ybbs errichtet wurden. Der Kasernenstandort nahe dem Tabor war als Hauptverteidigungsstelle gegen Böhmen und Mähren strategisch bedeutend. Stationiert waren Kavallerieregimenter, etwa Kompanien des Dragonerregiments Bayreuth, ein Kürassier- und zwei Ulanenregimenter.
Die Anlage war rechteckig und einstöckig, gruppierte sich um zwei geräumige Innenhöfe und bot Platz für rund 600 Mann und ebenso viele Pferde. Das Haupttor befand sich in der Oberen Augartenstraße. Die Seitentrakte sprangen etwas zurück und wurden an allen vier Ecken von leicht vorgebauten, quadratischen Baukörpern abgeschlossen. Zwei Stiegenhäuser führten direkt in die Mannschaftsräume und von dort unmittelbar in die Küchen. Später wurde aus Hygiene- und Praktikabilitätsgründen ein Korridor gebaut, der die einzelnen Räume erschloss. In jedem Wohntrakt gab es zehn Gemeinzimmer und sechs Küchen. Jede Küche versorgte ca. 50 bis 60 Mann. Im ersten Stock befanden sich die Offizierszimmer und deren Küchen sowie Kranken- und einige Extrazimmer.
Die für die Reiter erforderliche „Ausrüstung“ war in den Wohntrakten gegenüber liegenden Gebäudeteilen untergebracht: Dort befanden sich Stallungen, Sattlerzimmer, Schmiede sowie die Wohnung des Hufschmieds, ferner Arrestzimmer, Wachstube und Gemeinabtritt.
Nach einem Hochwasser im Februar des Jahres 1862 fürchtete die Stadt Wien das Ausbrechen von Epidemien. In Anbetracht der ohnehin überfüllten Spitäler in der Stadt wurde die Regierung um die Erlaubnis gebeten, in der Leopoldstädter Kavalleriekaserne ein Filial-Krankenhaus errichten zu dürfen. Dieses wurde 1862 eröffnet und nach einigen Monaten im Juli desselben Jahres wieder geräumt.
Joseph Daniel von Huber: Perspektivdarstellung von Wien und den Vorstädten bis zum Linienwall. 1769 – 1773 (1778), Ausschnitt 9. Kupferstich auf 24 Blättern, 1:1440, Ausrichtung nach Westsüdwest
© WStLA, Kartographische Sammlung: Allgemeine Reihe – Sammelbestand, P1: 11
Joseph Anton Nagel: Grundrissplan von Wien und den Vorstädten bis zum Linienwall. 1770 – 1773 (1780/81), Ausschnitt 9. Radierung und Kupferstich auf 16 Blättern, 1:2592, Ausrichtung nach Südwest
© WStLA, Kartographische Sammlung: Allgemeine Reihe – Sammelbestand, P1: 5
Carl Graf Vasquez: Pläne der Stadt Wien bzw. der Polizeibezirke innerhalb des Linienwalls, 1830er Jahre, Ausschnitt 3. Kolorierte Lithographien, verschiedene Maßstäbe, Ausrichtungen unterschiedlich.
© Anton Ziegler, Carl Graf Vasquez: Die k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien. Von den Jahren ihrer Entstehung bis zum Jahre 1827. Mit einem Situations-Plane. Wien 1827 [WStLA, Archivbibliothek H 15]
Stich, links: Leopoldstädter Cavallarie Kaserne
© Archiv Bezirksmuseum Leopoldstadt
Fassade, Profil und Grundriss des oberen Stockwerkes der Leopoldstädter Kavalleriekaserne, 1723
© Alterthumsvereine zu Wien, redigiert von Anton Mayer (Hg.): Wien 1911. In: Geschichte der Stadt Wien. Bd. IV. (Vom Ausgang des Mitelalters bis zum Regierungsantritt der Kaiserin Maria Theresia 1740. I. Teil) − Wien, Druck & Verlag von Adolf Holzhausen. K.u.K. Hof- u. Univ.Buchdrucker 1911, Seite 212
Oben: Grundriss der ebenerdigen Ubikationen für eine "Ordinari-Kompagnie" in der Leopoldstädter Kavalleriekaserne, 1723.
Unten: Grundriss der ebenerdigen Ubikationen für eine "Karabinier- oder Grenadier-Kompagnie" in der Leopoldstädter Kavalleriekaserne, 1723. Der Grundriss des Wohntraktes wurde für das Bodenornament verwendet. Die Funktionen der Räume wurden mit Ziffern bezeichnet: 1: Wachtmeisterzimmer; 2: Fourierszimmer; 3: zehn Gemeinzimmer; 4: sechs Küchen, jede gemeinschaftlich für zwei Zimmer; 5: zwei Sattel- und Monturkammern; zwei halbe Stiegen; 7: 3 Gänge
© Alterthumsvereine zu Wien, redigiert von Anton Mayer (Hg.): Wien 1911. In: Geschichte der Stadt Wien. Bd. IV. (Vom Ausgang des Mitelalters bis zum Regierungsantritt der Kaiserin Maria Theresia 1740. I. Teil) − Wien, Druck & Verlag von Adolf Holzhausen. K.u.K. Hof- u. Univ.Buchdrucker 1911, Seite 214
Detail aus dem Grundriss der ebenerdigen Ubikationen für eine "Karabinier- oder Grenadier-Kompagnie" in der Leopoldstädter Kavalleriekaserne, 1723, welches für das Bodenornament in der Wohnhausanlage verwendet wurde. Die Ziffern auf dem Plan bezeichnen die Funktionen der Räume: 1: Wachtmeisterzimmer; 2: Fourierszimmer; 3: zehn Gemeinzimmer; 4: sechs Küchen, jede gemeinschaftlich für zwei Zimmer; 5: zwei Sattel- und Monturkammern; zwei halbe Stiegen; 7: 3 Gänge
© Alterthumsvereine zu Wien, redigiert von Anton Mayer (Hg.): Wien 1911. In: Geschichte der Stadt Wien. Bd. IV. (Vom Ausgang des Mitelalters bis zum Regierungsantritt der Kaiserin Maria Theresia 1740. I. Teil) − Wien, Druck & Verlag von Adolf Holzhausen. K.u.K. Hof- u. Univ.Buchdrucker 1911, Seite 214